Stürme und insbesondere Hagelschauer haben alleine im Jahr 2013 knapp 640.000 Autos beschädigt und dabei den Versicherungsunternehmen Kosten von über 1,5 Milliarden Euro beschert. Laut der aktuellen Pkw-Schadenbilanz (Stand 11/2015) des GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) haben sich die entsprechenden Aufwendungen der Kraftfahrt-Versicherer für Hagelschäden an Autos somit mittlerweile mehr als verdreifacht.
Neben den für einen Hagelschaden typischen Dellen bzw. Beulen kommt es dabei manchmal auch zu zersplitterten Front- und Heckscheiben. Hagelschäden sind allerdings kein reines Winterphänomen; 2013 kam es zum Beispiel zwischen Anfang Juni und Mitte August auch in den Sommermonaten zu großen Hagelunwettern. Wenn du eine Teilkasko-Versicherung abgeschlossen hast, droht bei einem Hagelschaden zumindest kein finanzielles Risiko.
Hast du aber lediglich eine Haftpflichtversicherung für dein Auto abgeschlossen, musst du die Kosten für eine etwaige Reparatur der Hagelschäden selbst übernehmen. Besitzt du stattdessen eine Kaskoversicherung, übernimmt dein Versicherer die Kosten für die entstandenen Schäden. Denn unmittelbare Schäden, die durch Hagel, Überschwemmung, Blitzschlag oder Sturm (ab Windstärke 8) entstanden sind, werden immer über die Kaskoversicherung abgedeckt. Reguliert werden Schäden dieser Art dabei grundsätzlich als Teilkaskoschaden; dies gilt selbst dann, solltest du eine Vollkasko-Versicherung haben. Das bringt zwei entscheidende Vorteile: So wird zum einen dein Schadenfreiheitsrabatt nicht belastet, da es in der Teilkaskoversicherung generell keine Rückstufung gibt. Zum anderen legen die Versicherungen im Hinblick auf die Selbstbeteiligung zumeist den niedrigeren Betrag eben der Teilkaskoversicherung zugrunde.
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Eine Meldefrist von Hagelschäden am Auto gegenüber der Versicherung gibt es nicht. Wichtig ist aber, dass der Hagelschaden grundsätzlich in direktem Bezug zum Unwetter steht. Ein entsprechend zeitlicher Zusammenhang muss also für die Versicherung erkennbar sein. Daher ist es stets empfehlenswert, mögliche durch Hagel verursachte Schäden an deinem Fahrzeug sofort detailliert zu dokumentieren. So kannst du mittels eines Fotos beweisen, dass der Hagel in der Tat Schuld an den Beulen an deinem Auto ist. Gerade bei Schäden, die außerhalb der Wintermonate durch Hagel verursacht werden, sind Versicherungen und Gutachter nämlich oftmals besonders skeptisch. Eine detaillierte Dokumentation des Schadensfalls kann sich hier als äußerst hilfreich erweisen.
Als ein vom Hagel Betroffener bzw. Geschädigter solltest du dich daher grundsätzlich alsbald bei deiner Versicherung melden. Diese leitet den von dir gemeldeten Schadensfall an einen Gutachter weiter, der mit dir zeitnah einen Termin vereinbart. Von der Schadensmeldung bis zum Gutachtertermin vergehen in der Regel nur wenige Tage, da die Gutachter Sammeltermine vergeben und auf diesem Weg eine schnelle Abwicklung ermöglichen. Es existieren diesbezüglich Sammelstellen für Schadensfälle dieser Art; branchenintern werden diese manchmal scherzhaft als "Dellenkino" bezeichnet. Dort wird dein Auto dann auf einen Hagelschaden hin überprüft. Experten der Versicherungskammern empfehlen übrigens, sich auch dann an die Versicherung zu wenden, wenn man einen Hagelschaden lediglich vermutet. Hagelschäden an deinem Wagen kannst du selbst nämlich nicht immer leicht erkennen. Insbesondere bei silbernen oder weißen Fahrzeugen bleibt dir ein Schaden dieser Art manchmal optisch verborgen; auch bei schmutzigen Autos sind durch Hagel verursachte Schäden mitunter schwer erkennbar. Auch in einem solchen Fall kontrolliert ein Gutachter an den Sammelstellen den Wagen auf Hagelschäden. Dort stehen spezielle Beleuchtungstechniken zur Verfügung, die Lackschäden und Dellen sichtbar machen.
Möchtest du dir dennoch schon vor deinem Gutachtertermin einen ersten Überblick über mögliche Hagelschäden an deinem Auto verschaffen, kannst du dir einen sogenannten Dellenreflektor zur Hilfe nehmen. Diesen kannst du dir mit wenigen Handgriffen und etwas Geschick selbst bauen. Er ermöglicht das Erkennen selbst kleinster Dellen im Lack und kann dir bei einer ersten Dokumentation des Schadens gegenüber deiner Versicherung und des Gutachters behilflich sein.
Die genaue Anleitung sowie die entsprechende PDF-Datei wurde uns in Kooperation mit dem KFZ-Sachverständigenbüro ihr-gutachten.com GmbH zur Verfügung gestellt und steht ab sofort zum kostenlosen Download bereit.
Nimm dir zuerst Schere, Klebeband und eine feste Unterlage (z.B. die Rückseite eines Schreibblocks) zur Hand und drucke den Dellenreflektor aus.
Nutze nun das Klebeband, um den ausgedruckten Dellenreflektor auf deiner Unterlage zu befestigen und ihn somit zu stabilisieren. Achte dabei darauf, dass das Papier glatt aufliegt und keine Falten schlägt.
Dein Dellenreflektor ist nun startklar und du kannst dich an Ort und Stelle auf die Suche nach Beulen und Dellen an deinem Fahrzeug machen.
Halte dazu den Reflektor in einem Winkel von 70° bis 90° an den Lack. Mögliche Unebenheiten werden durch unregelmäßige Reflektionen der Linien sichtbar. Diese kannst du nun abfotografieren. Vergiss nicht, dir auch die entsprechenden Stelle am Fahrzeug zu notieren, damit sie später leichter wiedergefunden werden kann.
Lade dir hier deinen kostenlosen Dellenreflektor herunter
Sollte der Gutachter keinen Hagelschaden feststellen, solltest du dich nach Erhalt des Gutachtens umgehend mit deiner Versicherung in Verbindung setzen. Hat diese aufgrund deiner Schadensmeldung einen Gutachter mit der Prüfung des Schadens beauftragt, übernimmt die Versicherung auch dann die Kosten für die Erstellung des Gutachtens, wenn kein Hagelschaden festgestellt werden konnte. Vorsicht: Beauftragt man – aus eigenem Interesse und Antrieb – einen Sachverständigen ohne Rücksprache mit der Versicherung, müssen die entstehenden Gutachterkosten aus eigener Tasche gezahlt werden. Stellt der von der Versicherung beauftragte Gutachter demgegenüber einen Hagelschaden an deinem Kfz fest, kalkuliert er auch die Kosten für die Reparatur des Hagelschadens.
Kommentar - Borris Häring, Geschäftsführer des Sachverständigenbüros ihr-gutachten.com GmbH:
"Unsere Klienten fragen immer wieder, ob sie bei einem Hagelschaden das Recht auf einen eigenen, unabhängigen Gutachter haben und was ein Gutachten von uns für ihren Hagelschaden kosten würde. Hier kann ich nur immer wieder auf § 85 (Abs. 2) des Versicherungsvertragsgesetzes verweisen:
“Kosten, die dem Versicherungsnehmer durch die Zuziehung eines Sachverständigen oder eines Beistandes entstehen, hat der Versicherer nicht zu erstatten, es sei denn, der Versicherungsnehmer ist zu der Zuziehung vertraglich verpflichtet oder vom Versicherer aufgefordert worden.”.
Für den Fall, dass der Geschädigte eine Reparatur in Betracht zieht und die Werkstatt vor oder bei der Ausführung der Arbeiten einen höheren Schadenswert erkennt als der Sachverständige der Versicherung kalkuliert hat, sollte die Werkstatt direkt mit der Versicherung kommunizieren und sich schriftlich eine Reparaturkostenübernahme bestätigen lassen."
Die von den Versicherungsunternehmen beauftragten Gutachter gehen bei der Kalkulation vorzugsweise davon aus, dass die festgestellten Schäden mit einer sogenannten sanften Reparaturmethode (smart repair) behoben werden können. Dieses Verfahren eignet sich aber nicht für jede Hagelbeule. Bei diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten kannst du als Kunde ein Urteil des Sachverständigenausschusses verlangen (§ 14 AKB; Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung). Anschließend erhalten die Versicherung und du als Geschädigter jeweils eine Ausfertigung des Gutachtens. Mit diesem Gutachten in der Hand kannst du dann eine entsprechende Werkstatt aufsuchen. Tipp: Bei Leasingfahrzeugen ist es ratsam, einen Hagelschaden direkt an den jeweiligen Leasinggeber zu melden; in der Regel beinhalten Leasingpakete immer Versicherungen. So bist du als Fahrzeughalter in jedem Fall auf der sicheren Seite.
Damit der Gutachter sämtliche Hagelschäden an deinem Auto identifizieren kann, solltest du folgende Tipps für eine problemlose Regulierung beherzigen:
Wie aufwendig sich die Reparatur eines Hagelschadens darstellt, hängt von der Art des Schadens ab. Ist zum Beispiel der Lack nicht beschädigt, kommt vorzugsweise die Drück- oder die Klebetechnik zum Einsatz. Bei der Drücktechnik werden die Beulen bzw. Dellen quasi von innen herausgedrückt. So genannte „Dellendoktoren“ haben sich darauf spezialisiert, Beulen bzw. Dellen mit der Smart-repair-Methode herauszudrücken. Bei der Klebetechnik wird hingegen ein spezieller Heißkleber in die Delle oder Beule eingeklebt. Anschließend wird diese dann mit einem Zughammer oder einer Spezialzange herausgezogen. Allerdings lassen sich bei dieser Methode überzogene Stellen nicht immer vermeiden; mit Hilfe eines Kunststoffschlagstifts können Blessuren dieser Art aber schnell wieder behoben bzw. zurückgeformt werden.
Die sanften Reparaturmethoden eines Hagelschadens haben den Vorteil, dass auf Spachtelarbeiten und kostspielige Lackierungen verzichtet werden kann und dein Auto somit auch keinen Wertverlust erleidet. In einigen Fällen sind die Dellen allerdings derart tief, dass Methoden dieser Art nicht angewandt werden können. Dann kommt man nicht umhin, eine meistens sowohl zeitaufwendige als auch kostenintensive Instandsetzung in Auftrag zu geben. Hat der Hagel auch den Lack beschädigt, musst du dich in einigen Fällen auf eine vergleichsweise aufwendigere Reparatur einstellen. Leichte Kratzer werden dabei aus der Lackschicht des Autos herauspoliert. Mittlere und größere Beschädigungen am Lack müssen dagegen zunächst erst einmal abgeschliffen und gründlich vorbehandelt werden, um sie danach per Teillackierung zu beseitigen.
Du entscheidest als Versicherungsnehmer aber immer selber, ob du deinen Wagen bei einem Hagelschaden überhaupt reparieren lässt oder nicht. Wenn du mit den Hageldellen weiterfahren oder sie eventuell selber beseitigen möchtest, erstellen die Versicherer eine "fiktive Abrechnung" der Reparaturkosten. Achtung: Nicht erstattet wird in einem solchen Fall die Mehrwertsteuer. Grundsätzlich ersetzt der Kfz-Versicherer die anfallenden Reparaturkosten immer nur bis zur Höhe des durch den Hagelschaden eingetretenen Wertverlustes (§ 13 AKB). Ist der Wert des Autos durch einen Hagelschaden zum Beispiel um 1.000 Euro gesunken, ersetzt die Versicherung maximal diesen Betrag. Dies gilt auch dann, wenn die Reparaturkosten über diesen Betrag hinausgehen.
Tritt ein Hagelschaden auf, sollte möglichst zeitnah eine Reparatur erfolgen. Andernfalls können bei einem erneuten Hagelschaden Probleme bei der Schadensregulierung auftreten. Denn beim zweiten Schadensfall ist der Versicherte laut dpa verpflichtet, die neuen Dellen nachzuweisen. Das Amtsgericht München entschied in einem Urteil (Az.: 271 C 10327/10), dass die Versicherung die Reparaturkosten lediglich für die neuen Schäden übernehmen muss.
Das Auto des Klägers war im verhandelten Fall von Hagel beschädigt worden. Nachdem ein Gutachter einen Schaden in Höhe von 2.409 Euro festgestellt hatte, wurde diese Summe von der Versicherung erstattet. Der Eigentümer versäumte es jedoch, das Auto reparieren zu lassen. Als ein Jahr später das Auto erneut einen Hagelschaden erlitt, fuhr der Kläger wieder zu einem Sachverständigen. Da dieser von dem ersten Hagelschaden nichts wusste, bezifferte er den Schaden mit einer Summe von 2.625 Euro. Die Versicherung zahlte – jedoch nur die Differenz dieser beiden Schadensbeträge abzüglich der Selbstbeteiligung: Der Eigentümer bekam 66 Euro erstattet.
Die Klage des Autobesitzers wurde negativ beschieden. Als Begründung gab das Gericht an, dass ein zweiter Hagelschaden eindeutig vom ersten abgrenzbar sein müsse. Der Grund: Es werden nur die Kosten erstattet, die notwendig sind, um den vorherigen Zustand wieder herzustellen. Nur wenn der Versicherte nachweisen könne, welche neuen Schäden entstanden sind, habe er Anspruch auf Schadensersatz. Kann der Versicherte keine Nachweise erbringen, weil der erste Schaden nicht repariert wurde, geht dies zu seinen Lasten.
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