Dein Kfz wurde in einem Unfall beschädigt und du kannst es nicht mehr nutzen. Bis zum Abschluss der Reparatur – oder der Ersatzbeschaffung, bei einem Totalschaden – zahlt dir die Versicherung des Verursachers entweder einen Mietwagen oder eine Nutzungsausfallentschädigung. Wie ein Nutzungsausfall definiert wird und was eine Nutzungsausfallentschädigung ist, erfährst du hier!
Personen, die auf ihr Auto angewiesen sind und damit etwa täglich zur Arbeit fahren, haben im Fall eines Unfalls ein schwerwiegendes Problem im Alltag. Das weiß auch der Gesetzgeber. Er hat darum Entschädigungsmöglichkeiten für die Zeit, die der Unfallwagen in der Werkstatt verbringt, festgesetzt. Entweder lassen sich die Unfallgeschädigten von der gegnerischen Kfz-Versicherung einen Mietwagen bezahlen oder sie beantragen eine Nutzungsausfallentschädigung. Beide Varianten werden in der Regel für max. 14 Tage gewährt und gezahlt, wobei die Rechtsprechung in Fragen der Dauer unterschiedlich entschieden hat. Wenn du dich für einen Mietwagen entscheidest, so bekommst du für die Zeit, bis dein Pkw repariert ist, ein Kfz der gleichen oder einer niedrigeren Fahrzeugklasse. Das Fahrzeug mietest du dabei selbst an und reichst die Rechnung bei der gegnerischen Versicherung ein. Wähle die Nutzungsausfallentschädigung, so erhältst du täglich eine bestimmte Geldsumme als Entschädigung. Diese Summe kannst du zur Bezahlung von ÖPNV-Tickets, für die Taxirechnung oder anderes nutzen – du hast freie Verfügung über das Geld.
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung berechnet sich anhand des Autotyps und -alters, wobei Gutachter seit über 50 Jahren die sogenannte Nutzungsausfalltabelle von Schwacke zugrunde legen. Diese ordnet alle Kfz je nach Ausstattung und Wert in elf Fahrzeugkategorien (von A bis L) ein und nennt für jede Fahrzeugkategorie einen Tagessatz, der als Nutzungsausfall gezahlt werden soll. Eine aktualisierte Fassung der Tabelle erscheint halbjährlich und ist Unfallgutachtern und Versicherungen zugänglich, die nächste Aktualisierung der Nutzungsausfallsentschädigung für 2016 erscheint im Dezember 2016. Eine Beispielrechnung für die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung sieht wie folgt aus:
Da sich der Tagessatz des Nutzungsausfalls am Wert des Autos orientiert, werden ältere Fahrzeuge bei der Einstufung um eine oder sogar zwei Kategorien zurückgestuft. Folgende Faustregel hat sich dabei etabliert:
Ein Beispiel: Ein Porsche-911-Neuwagen wird der Kategorie L zugeordnet. Nach der öffentlich zugänglichen Nutzungsausfalltabelle aus dem Jahre 2013 entspricht das einem Tagessatz von 175 Euro. Ist der Pkw älter als fünf Jahre, wird der Gutachter ihn in der Regel eine Kategorie herabstufen. In der Kategorie K beträgt der Tagessatz nur 119 Euro. Die Bewertung deines Fahrzeugs wird von Gutachtern vorgenommen. Diese können einen besonders guten und gepflegten Zustand des Autos explizit vermerken, um so die Abstufung zu verhindern. Umgekehrt wird die gegnerische Versicherung bemüht sein, dein Fahrzeug abzustufen, um so Geld zu sparen.
Mehr Informationen zur Nutzungsaufallentschädigung und die aktuelle Nutzungsausfalltabelle zum Download findest du auf der Seite von Schwacke .
In vielen Fällen machen Geschädigte ein besseres Geschäft, wenn sie die Nutzungsausfallentschädigung in Anspruch nehmen. Bleiben wir für ein Beispiel bei dem oben genannten BMW 3er. Dauert die Reparatur zehn Tage, stehen dir 430 Euro Nutzungsausfall zu, die du beliebig verwenden kannst. Entscheidest du dich für einen Mietwagen, so übernimmt die gegnerische Versicherung maximal Mietkosten für ein Automodell, das dem deinigen entspricht. Einen BMW 3er erhältst du bei Mietwagenportalen bereits ab ca. 32 Euro pro Tag. Dauert die Reparatur zehn Tage, ersetzt die Versicherung somit maximal 320 Euro an Mietkosten. Damit liegt die Nutzungsausfallentschädigung um rund 110 Euro über den Mietwagenkosten – dabei ist in diesem Beispiel noch nicht eingerechnet, dass die Mietpreise bei längerer Mietdauer niedriger werden.
Sollte bei dem Unfall die Schuldfrage nicht eindeutig entschieden sein, so kann die gegnerische Versicherung sich weigern, die kompletten Mietkosten zu übernehmen. Sollte dies bei deinem Unfall der Fall sein, so fährst du mit der Nutzungsausfallentschädigung immer besser. Andernfalls könntest du auf einem Teil der Mietwagenkosten sitzenbleiben.
Drei Punkte sind entscheidend, um die Nutzungsausfallentschädigung in voller Höhe und für die tatsächliche Dauer des Nutzungsausfalls auch gezahlt zu bekommen:
Viele Experten empfehlen, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht einzuschalten. Dieser regelt die Formalität und die Kommunikation mit dem gegnerischen Versicherer.
Die wichtigsten Fakten und Fragen zur Nutzungsausfallentschädigung haben wir im Folgenden noch einmal kurz für dich zusammengestellt. Neben Antworten auf spezifische Fragen findest du hier auch die aktuell zugängliche Nutzungsausfalltabelle sowie allgemeine Hinweise zum Procedere bei der Nutzungsausfallentschädigung.
Das Schreiben zur Einforderung der Nutzungsausfallentschädigung muss folgende Daten enthalten:
Zudem muss das Schreiben eine Formulierung enthalten, aus der hervorgeht, dass du das Auto regelmäßig nutzt und nutzen musst – etwa, um täglich zur Arbeit zu fahren oder weil du oder Familienmitglieder auf das Fahrzeug angewiesen bist. Die Formulierung des Schreibens und die Einleitung der notwendigen Schritte solltest du einem Fachanwalt für Verkehrsrecht überlassen.
Wie lange die Nutzungsausfallentschädigung gezahlt werden kann, ist vom Verkehrsrecht nicht eindeutig geklärt. Sie hängt ab von der Dauer der Reparatur deines Unfallfahrzeugs. Sollte es zu einem Totalschaden gekommen sein, erhältst du die Nutzungsausfallentschädigung, bis der Ersatzwagen beschafft ist. In der Regel gehen Gutachter von 14 Tagen aus.
Es ist relativ schwierig, die gegnerische Versicherung für einen darüber hinausgehenden Zeitraum zahlen zu lassen. Jedoch: Du erhältst den Nutzungsausfall auch für die Zeit der Schadensfeststellung und für den Zeitraum, in dem du eine Werkstatt suchst. Dies hat das Bundesgerichtshof (BGH) im Februar 2013 in einem Urteil festgelegt. Darin wurde einem Kläger rechtgegeben, der Geschädigte den Nutzungsausfall für weitere zehn Tage gezahlt haben wollte.
Entscheidend ist, dass du dich nachweislich darum bemühst, das Fahrzeug schnell reparieren zu lassen bzw. einen Ersatz zu besorgen. Darum solltest du alle diesbezüglichen Schritte dokumentieren, am besten schriftlich. Lasse dir beispielsweise die Schätzung der Reparaturdauer von der Werkstatt schriftlich geben und speichere etwa deine Telefonverbindungsliste, die die Anrufe bei Werkstätten – und damit die Werkstattsuche – dokumentiert.
Wie hoch die Nutzungsausfallentschädigung ist, hängt maßgeblich von deiner Fahrzeugkategorie und dem Alter des Autos ab. Die halbjährlich erscheinende Nutzungsausfalltabelle von Schwacke dient als Grundlage zur Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung. Gutachter und Versicherungen nutzen diese Tabelle. Die derzeit frei zugängliche Nutzungsausfalltabelle stammt aus dem Jahr 2013, dennoch bietet sie einen guten Anhaltspunkt zur Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung.
Fahrzeugkategorie | Nutzungswert in Euro | Beispielfahrzeug |
---|---|---|
A | 23,00 | Renault Twingo |
B | 29,00 | VW Polo |
C | 35,00 | Opel Astra (74 kW) |
D | 38,00 | Toyota Corolla 2.0 D XL |
E | 43,00 | Audi A3 1.8 |
F | 50,00 | VW Passat V5 Highline |
G | 59,00 | BMW 323i |
H | 65,00 | Mercedes C 280 |
J | 79,00 | Audi S6 |
K | 119,00 | Porsche 911 Carrera |
L | 175,00 | BMW 750i |
Ist das Unfallfahrzeug ein Zweitwagen oder ein Motorrad , wird die gegnerische Versicherung versuchen, keine Nutzungsausfallentschädigung zu zahlen. Das Argument: Der Nutzungsausfall bezieht sich auf Fahrzeuge, die typischerweise fortlaufend genutzt werden. Wird das Fahrzeug nicht fortlaufend benötigt, so liegt kein Nutzungswille vor. Einen Nutzungsausfall für dein Motorrad kannst du dann erhalten, wenn du dieses ständig und anstelle eines Pkw nutzt, also beispielsweise mit dem Motorrad zur Arbeit fährst. Auch das Vorhandensein eines Zweitwagens kann als Einwand gegen den Nutzungsausfall verwendet werden. Verschiedene Urteile legten aber fest, dass der Geschädigte dennoch Anspruch auf die Entschädigung hat, sofern das zweite Kfz dauerhaft von einem Verwandten genutzt wird und der Geschädigte es somit nicht verwenden kann.
Auch bei einem Totalschaden gibt es eine Nutzungsausfallentschädigung, da du bei einem solchen Schaden das Fahrzeug natürlich nicht nutzen kannst. Auch hier ist entscheidend, dass du dir vom Verkäufer die Dauer der Ersatzbeschaffung schriftlich bestätigen lässt. So kannst du verhindern, dass die gegnerische Versicherung argumentiert, du hättest dich nicht ausreichend schnell um einen Ersatz gekümmert, und aus diesem Grunde die Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung reduziert.
Die Selbstreparatur und die Beantragung eines Nutzungsausfalls hat bereits viele Gerichte beschäftigt. Eine abschließende Antwort ist nicht zu geben. Generell ist es entscheidend, dass du die Reparatur gut dokumentierst, zügig durchführst und – trotz Reparaturtätigkeit – einen Nutzungswillen besessen hast.
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